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Dreißig Minuten für ein gesundes Leben

Pressemitteilung EURO/07/02
Kopenhagen und Rom, 4. April 2002

Es gibt eine Formel für ein gesundes Leben.

Anlässlich des Weltgesundheitstages 2002, der in diesem Jahr dem Thema „Bewegung und Gesundheit“ gewidmet ist, zeigt die Weltgesundheitsorganisation, wie „der einzelne Mensch und ganze Gemeinschaften ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden beeinflussen können.“ „Bewegung sollte als Grundstein einer gesunden Lebensweise anerkannt und zum Bestandteil unseres Alltags werden. Ganz einfach lässt sich das erreichen, wenn man kurze Strecken zu Fuß zurücklegt oder das Fahrrad nimmt“, so Dr. Marc Danzon, der WHO-Regionaldirektor für Europa. „Das Geheimnis steckt in durchschnittlich dreißig Minuten Bewegung pro Tag.“

Nur dreißig Minuten moderate körperliche Betätigung pro Tag, bei der man 150 Kcal verbrennt (und nicht notwendigerweise an einem Stück), mehr braucht es nicht, um die Gesundheit zu schützen und Krankheiten zu verhindern. Die empfohlene Bewegung kann man sich z. B. verschaffen, indem man zur Arbeit geht oder mit dem Fahrrad fährt (der durchschnittliche Gehweg ist 1,5 bis 2,8 km lang und dauert 15–30 Minuten; die durchschnittliche Fahrradstrecke beträgt 3,5 bis 4,8 km, wofür man zehn bis fünfzehn Minuten braucht). Man kann sich aber auch einen Hausputz verordnen oder Sport treiben, statt des Fahrstuhls die Treppe nehmen, beim Sitzen Streckübungen machen oder beim Fernsehen turnen.

Wenn man sich bewegt, fühlt man sich körperlich und psychisch besser. Bewegung hat für den ganzen Menschen Vorteile. Sie vermindert die mit Bewegungsarmut einhergehenden Gesundheitsrisiken um etwa 50% (das gilt beispielsweise für Herzkrankheiten, Diabetes und Fettsucht) und hat auch wesentlichen Einfluss auf Bluthochdruck und die psychischen Konsequenzen einer sitzenden Lebensweise (Stress, Angst, Depression und Einsamkeit).

Trotzdem bleibt die Bewegungsarmut in den Industrieländern nach dem Rauchen der zweitwichtigste gesundheitliche Risikofaktor. Europa bietet immer noch ein ziemlich düsteres Bild: Viele Abstände sind zwar so kurz (unter zwei km), dass man sie ohne Weiteres zu Fuß zurücklegen oder für die etwas längeren (unter acht km) das Fahrrad nehmen könnte. Doch durchschnittlich werden nur 5% aller Wege mit dem Fahrrad erledigt. Folglich sind über 30% der Erwachsenen im Laufe einer typischen Woche nicht ausreichend aktiv. Von Ende der 80er bis Ende der 90er Jahre nahm die Prävalenz der Fettleibigkeit in den Ländern der Europäischen Union um 10% bis 40% zu.

Diese Situation ist durch strukturelle wie psychologische Faktoren bestimmt. Dazu gehört beispielsweise ein „Barriereneffekt“, der durch die Angst vor Verkehrsunfällen bewirkt wird. Andere Faktoren sind Luftverschmutzung und Lärmbelastung, eine unzulängliche Infrastruktur, die Auffassung, dass Gehen und Radfahren hauptsächlich in die Freizeit gehören, aber auch die Tatsache, dass man sich häufig der Folgen einer sitzenden Lebensweise und der positiven Konsequenzen von regelmäßiger Bewegung nicht bewusst ist.
 
„Die Bürger müssen sich stärker bewusst werden, welchen Stellenwert Bewegung für ihre Gesundheit hat, sie müssen begreifen, dass es wichtig ist, „in Bewegung zu bleiben“, erläutert Dr. Roberto Bertollini, der Direktor der Abteilung für Fachunterstützung am WHO-Regionalbüro für Europa. „Andererseits sollten die Politiker durch sinnvolle Entscheidungen, die das Gehen und Radfahren leichter machen, eine solche Verhaltensänderung fördern.“

Ein überzeugendes Beispiel für diese Wechselwirkung kommt aus dem Vereinigten Königreich, wo man die so genannten „Gehbusse“ erfunden hat. Mit diesem Begriff wendet man sich vor allem an Grundschüler zwischen fünf und elf Jahren, deren Eltern sich bereit erklären, auf einer festgelegten Strecke mit einem „Fahrplan“ und „Bushaltestellen“, an denen die Kinder „zusteigen“ können, die Kinder zu Fuß zur Schule zu begleiten. Eine weitere interessante Initiative, diesmal für ältere Bürger, wurde in den Niederlanden ergriffen. Dort hält der niederländische Fahrradverband Kurse für ältere Radfahrer ab, die Sicherheit und Vertrauen fördern und bewirken sollen, dass die älteren Menschen das Fahrradfahren nicht aufgeben. Bei diesem eintägigen Kurs werden Sehvermögen, Gehör und Reaktionsgeschwindigkeit untersucht, aber auch praktische Fertigkeiten trainiert.

Will man erreichen, dass mehr Menschen gehen und Fahrrad fahren, so müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens muss der enge Zusammenhang zwischen Gesundheit und Bewegung deutlicher werden, und zweitens muss man Gehen und Radfahren als „echte“ Mittel der Fortbewegung schätzen lernen. Damit Gehen und Radfahren sich ganz von selbst anbieten, muss jedoch zunächst durch umfassende Maßnahmen sichergestellt werden, dass die Umwelt fußgänger- und radfahrerfreundliche Bedingungen bietet. Dazu bedarf es einer breiten ressortübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Gesundheits-, Umwelt- und Verkehrssektor, die darauf abzielt, die tatsächlichen oder subjektiv empfundenen Gefahren des Verkehrs abzubauen, damit die Menschen das Gefühl haben, ihren Bestimmungsort ohne Weiteres zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen zu können. Das lässt sich auf die unterschiedlichste Art und Weise erreichen. Man kann beispielsweise ein Tempolimit von 30 km/h durchsetzen. Man kann auf bestimmten Straßen die Geschwindigkeit stark senken (auf 15 km/h). Man kann die Straßenkonstruktion verbessern, die geeignete Infrastruktur schaffen (Fahrradwege, Pflaster), bessere Verkehrsschilder aufstellen und die Verkehrsteilnehmer erziehen. Man kann die Verkehrsteilnehmer auffordern, sich durch Fahrradhelme und Reflexscheiben besser zu schützen, und man kann Fußgängerzonen einrichten.

Ausgehend von diesen Gedanken hat die WHO vor einigen Jahren das Programm „Verkehr, Umwelt und Gesundheit“ ins Leben gerufen, das den Mitgliedstaaten der Europäischen Region der WHO helfen soll, eine gesundheitszuträgliche Mobilitätspolitik aufzustellen und zu handhaben. In der Charta Verkehr, Umwelt und Gesundheit, die von den 51 Mitgliedstaaten der Europäischen Region der WHO auf der Dritten ministeriellen Konferenz Umwelt und Gesundheit (London, 1999) verabschiedet wurde, liegt das Schwergewicht insbesondere auf der Aufgabe, das sichere Gehen und Radfahren zu fördern und die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. Zugleich wird der Stellenwert des öffentlichen Verkehrs betont. Wesentlich ist auch, dass in der Charta die möglichen gesundheitlichen Vorteile betont werden, die sich durch eine ganzheitliche Verkehrs- und Raumordnungspolitik erzielen lassen, bei der die Gesundheit einen festen Platz auf der verkehrspolitischen Agenda hat.

Die für 2004 in Budapest geplante Vierte ministerielle Konferenz Umwelt und Gesundheit wird einen weiteren großen Schritt in die richtige Richtung bringen. Sie wird zeigen, wie im 21. Jahrhundert die Tagesordnung für Gesundheit, Umwelt und Verkehr lauten muss.

Weitere Auskunft erteilen:

FACHINFORMATION
Francesca Racioppi
Fachreferentin für Verkehr, Umwelt und Gesundheit,
Europäisches WHO-Zentrum für Umwelt und Gesundheit, Büro Rom
Via Francesco Crispi, 10I-00187 Rom, Italien
Tel.: +39 06 4877545 Fax: +39 06 4877599
E-Mail: frr@who.it

PRESSEINFORMATION
Cristiana Salvi
Fachreferentin für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Europäisches WHO-Zentrum für Umwelt und Gesundheit, Büro Rom
Via Francesco Crispi, 10I-00187 Rom, Italien
Tel.: +39 06 4877543 Fax: +39 06 4877599
Mobiltel.: +39 388 6098878
E-Mail: csa@who.it

Franklin Apfel oder Viv Taylor Gee
Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
WHO-Regionalbüro für Europa
Scherfigsvej 8, DK-2100 Kopenhagen Ø, Dänemark
Tel.: +45 39 17 13 36 oder +45 39 17 13 43
Fax: +45 39 17 18 80
E-Mail: fap@who.dk oder vge@who.dk

Weltgesundheitstages 2002

Pressemitteilungen auf der Webseite http://www.euro.who.int/

 



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Letzte Änderung: 2002-11-12
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